cognitio: | Kognitions- und Neurowissenschaftliche Beiträge |
zur Sprachverarbeitung natürlicher Sprache | |
Herausgeber: |
Georges Lüdi (Basel), Michael Schecker (Freiburg), Martin Riegel (Strasbourg) |
Band 11: |
MIchael Schecker (Hrsg.): Wortfindung und Wortfindungstörungen |
Tübingen: Gunter - Narr - Verlag (2002), ca. 180 S., ISBN 3-8233-5738-7 |
Selbst bei langsamem Sprechtempo bedeutet es eine ungeheure Leistung, so schnell (in der Regel) die zutreffenden Lexikoneinträge abzurufen; wie machen wir das? Und was gelingt nicht, wenn Gesunde sich (formal oder vor allem) inhaltlich motiviert versprechen, wenn Aphasiker Benennstörungen haben oder/und paraphasisch werden, wenn im Rahmen einer Alzheimer Krankheit Benennstörungen auftreten und die verbal fluency (überprüft anhand der Produktion von Wortlisten z.B. zu einer vorgegebenen semantischen Kategorie) signifikant absinkt?
Bereits für frühe und moderate Stadien der Alzheimer Krankheit (Reisbergskala 3 und 4 einerseits und 5 andererseits) lassen sich eine Reihe von Sprachabbau-Phänomenen sicher belegen (Wortfindung und verbale Flüssigkeit, Pronominalisierung, Verarbeitung bildhafter und indirekter Redeweisen, lexikalisches Konkretisierungsniveau, Aufruf bzw. Rückgriff auf Kontext, u.a.). Nach einer Reihe von Pilotstudien scheinen sich solche Auffälligkeiten gleichermaßen auf gestörte Top-Down-Steuerungen beziehen zu lassen. Dieser Zusammenhang soll anhand der inzwischen bestens beforschten Wortfindungs- und Benennstörungen empirisch dokumentiert und theoretisch aufgearbeitet werden; dabei werden wir auch Ergebnisse aus Simulationsexperimenten mit einbringen.
Wenn sich unsere empirischen Beobachtungen (auch weiterhin) bestätigen lassen - und die hypothetisch unterlegten theoretischen Zusammenhänge plausibel sind, dann wird das unser Bild von der Alzheimer'schen Erkrankung grundlegend ändern. Teil einer neuen Sicht der Alzheimer'schen Erkrankung wird dann werden müssen, daß es sich dabei zunächst - funktional gesehen - um eine hoch selektive Störung zentraler 'Top-Down-Steuerungen' handelt ('prädiktives Monitoring'), die freilich in eine Vielzahl unterschiedlicher Informationsverarbeitungsprozesse involviert sind und deshalb phänomenal durchaus den Eindruck einer gewissen Diffusität ergeben.
INHALT
Michael Schecker: Vorwort
Georges Kleiber: Lexique et cognition
Johannes Müller-Lancé: Besonderheiten der Wortfindung im tertiärsprachlichen Bereich
Zsuzsanna Iványi: Gesprächsanalytische Untersuchung von Wortfindungsstörungen
Barbara Rönfeldt & Peter Auer: Erinnern und Vergessen: Erschwerte Wortfindung als interaktives und soziales Problem
Michael Schecker Prozesse der Aktivierung des mentalen Lexikons: (anhand sprachpathologischer Auffälligkeiten bei Alzheimer-Demenz)
Günter Kochendörfer: Benennen in Neuronalen Modellen